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Spanische Wegschnecke
Seit jeher heimisch in Mitteleuropa


(umg.info 2015_02) Die Spanische Wegschnecke (Arion lusitanicus) frisst fast alle grünen Pflanzen und kann in Gärten zur richtigen Plage werden. Lange Zeit wurde die Art als ursprünglich in Mitteleuropa nicht heimisch – als sogenanntes Neozoon - betrachtet, das nach dem Zweiten Weltkrieg mit Pflanzen- und Gemüseimporten aus Nord­spanien, Südengland und Westfrankreich eingeschleppt wurde. Dies hat sich nun als offensichtlicher Irrtum erwiesen, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Die genauen Hintergründe dieser vermeintlichen Einschleppung blieben immer im Dunkeln, denn die Art wurde bei Importkontrollen nie gefunden. Ein Forscherteam rund um Markus Pfenninger hat nun in einer Studie (Pfenninger et al. 2014) erstaunliche Erkenntnisse gewonnen: Die Wissenschaftler untersuchten die DNA von rund 300 Schnecken aus ihrer angeblichen Heimat Nordwestspanien und Südwestfrankreich, die morphologisch wie die Spanische Weg­schnecke aussahen. Kein einziges Exemplar einer Spanischen Weg­schnecke wurde gefunden, die Art kommt in ihrem vermuteten Heimat­gebiet gar nicht vor! Weitere statistische Analysen führten die Autoren zu folgendem Schluss: Arion lusitanicus ist bei uns kein Einwanderer, sondern eine Art, die in Mitteleuropa natürlich vor­kommt und hier heimisch ist.

Aber wie gelangte die Spanische Wegschnecke zu ihrem Ruf als Ein­wan­derer? Die Forscher vermuten, dass sich die Art aufgrund ver­änderter landwirtschaftlicher Strukturen in den 1950er Jahren, zB durch Flurbereinigung, durch klimatische Schwankungen, Auf­forst­ungen und zunehmende Verstädterungen bei uns enorm vermehrt hat, was einer Invasion gleicht. Zudem wurde die Taxonomie der Arion-Nacktschnecken lange stark vereinfacht gehandhabt. Viele Bestimmungsschlüssel und Tierführer führten bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts nur zwei Arion-Arten: Arion rufus (A. ater, A. empiri­corum) und Arion subfuscus. Man ging davon aus, dass eine Art in Färbung, Größe und Oberflächentextur variieren kann. Als in den 1970er Jahren genauere anatomische Merkmale zur Unterscheidung dieser zwei Arten herangezogen wurden, zeigte sich, dass noch eine weitere, „neue“ Art bei uns vorkommt. Diese wurde fälschlicherweise der aus Portugal bekannten Art Arion lusitanicus zugeordnet. Daraus folgte der Schluss, dass die Art bei uns nicht heimisch ist, sondern eingeschleppt wurde. Selbst als bekannt wurde, dass „unsere“ Spanische Wegschnecke nicht mit der portugiesischen Art Arion lusitanicus identisch ist, wurde ihr Status als Neozoon nicht in Frage gestellt. Der taxonomische Status „unserer“ Spanischen Weg­schnecken bleibt nach wie vor unklar.

Die Forschungsarbeit von Pfenninger et al. (2014) macht deutlich, dass der Status einer vermeintlich invasiven Art genau hinterfragt werden sollte – bevor drastische und oft aufwendige Be­kämpf­ungs­maß­nahmen ergriffen werden. Fehlen Nachweise einer Einschleppung durch den Menschen bzw existieren nur spärliche Beweise dafür, können populationsgenetische Untersuchungen neue, wichtige Erkenntnisse liefern.


Pfenninger, M., Weigand, A., Balint, M., Klussmann-Kolb, A. (2014): Mis­perceived invasion: the Lusitanian slug (Arion lusitanicus auct. non-Mabille or Arion vulgaris Moquin-Tandon 1855) is native to Central Europe. Evolutionary Applications 7 (6): 702-713


Keywords: Neozoen, Herkunft, Spanische Wegschnecke, DNA-Analyse
 

 


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